Jahreskonzert am 12.05.2013
Artikel aus der Winnender Zeitung vom 7.5.2013
PDF-Version: KOW Presse WZ 20130507
Eine traumhaft zarte Romanza
Von Martin Schmitzer, aktualisiert am 06.05.2013 um 19:53
Haydns „Frühling“ mit Dirigent Ralf Göltenbodt und dem Konzertorchester in der Hermann-Schwab-Halle.
Foto: ZVW
Das Konzertorchester Winnenden hat Webers Klarinettenkonzert Nr. 2 mit Andrea Enzmann gespielt
Winnenden. Das Schönste und Anspruchsvollste, was das Konzertorchester Winnenden am Sonntagabend in der Hermann-Schwab-Halle geboten hat, war Carl Maria von Webers Klarinettenkonzert Nr. 2. Einen Hörgenuss machten die Winnender Laienmusiker daraus und bereitete vor allem Solistin Andrea Enzmann dem Publikum.
Sie spielt einen schlanken, weichen und sehr musikalisch ausgestalteten, zart-romantischen Klarinettenklang, erreicht nicht gerade die Wuchtigkeit und den Nachdruck, den man bei Weber erwarten würde, aber lässt die Töne schön fließen und schmelzen. Das Allegro, den ersten Satz des Konzerts, nahmen Solistin und Orchester nicht im Rekordtempo, und so gelangen die rasend schnellen Läufe sehr durchsichtig, locker und duftig. Man konnte genauer hinhören und entspannt genießen.
Erst recht im zweiten Satz, der langsamen Romanza, erlebte man eine traumhafte Zartheit im Klarinettenton und über weite Strecken auch in der Orchesterbegleitung. Zwischendurch hätte man sich gewünscht, dass das stark besetzte Winnender Laienorchester sich gefragt hätte: Bin ich zu laut? Die Begleitkraft wäre eines Giora Feidmann würdig gewesen, war aber zeitweise zu stark dosiert für die niemals vollkommen fortissimo spielende Andrea Enzmann, die hauptberuflich als Klarinettenlehrerin an drei Musikschulen unterrichtet. Zum Ende dieses langsamen Satzes vermischten sich Solistin und Orchester zu einer wunderschönen klanglichen Einheit und dies in einem rhythmisch sehr schwierigen Rezitativ, in dem Dirigent Ralf Göltenbodt und das Orchester reaktionsgenau der Solistin folgen müssen – eine geglückte und beglückende Passage. Enzmann spielte dann ein bewusst ganz leises, bis in kleinste Nuancen ausgestattetes Solo von wenigen Takten und die Orchester-Celli unterlegten die folgenden Schlusstakte mit einem harfenzarten, superfeinen und in wohliger Ruhe hingetupften Pizzicato. Dies war sicherlich der meist inspirierte Augenblick dieses sonntäglichen Konzertabends.
Ein strahlender Frühlingstag mit gewissen Unsicherheiten
In der folgenden, schnellen, tänzerischen Alla Polacca spielten Orchester und Klarinettistin befreit und vergnügt, bauten auf das sichere Fundament einer locker begleitenden Kontrabassistin und bekamen großen, herzlichen Beifall.
Dieser erste Konzertteil vor der Pause klang warm und strahlend wie der Frühlingstag an diesem Sonntag, aber er hatte auch seine Unsicherheiten wie jener Sonntag auch. Immer wieder waren graue bis schwarze Wolken aufgezogen, hatten sich zusammengeballt, aber richtig zum Regnen war es nie gekommen, es waren nur angedeutete Störungen. Genauso ging es dem Orchester mit dem ersten Stück des Abends. Haydns „Frühling“ und Winnendens Konzertorchester haben sich nicht ganz miteinander angefreundet, Unsicherheiten waren hörbar, und zum Glück gaben die jungen, energischen Blechbläser von der Seite her dem Ganzen Halt. Erst nach dieser Introduktion aus „Die Jahreszeiten“ war das Orchester richtig warmgespielt.
Was den König vergnügte, gefällt auch in Winnenden
Als einheitlicher Klangkörper wurde das Orchester wahrgenommen in den romantischen französischen Tänzen von Leo Délibes, zusammengefasst unter dem Titel „Le Roi s’amuse“ (Der König vergnügt sich). Wohlklingende Wechsel zwischen Bläsern und Streichern waren hier zu hören, viele Klangvarianten, ein schönes Horn-Signal als Einstieg in einen Satz und insgesamt eine entspannt tanzende Musik.
Satter Bläserklang in schwungvollen Musicalmelodien
Zur reinen Entspannung wurde der zweite Teil des Abends, ein luftig-lockeres Haydn-Menuett aus der Sinfonie Nr. 104, und dann die Musical-Melodien aus „Les Misérables“ und „Oklahoma!“ – schwungvoll gespielt mit schmetternden Posaunen und Trompeten, flirrenden Flötentrillern und viel Geigenschmelz. Solche Musik brauchten Musiker und Publikum nach der großen Konzentrationsleistung des Weber-Konzerts. In der Zugabe, dem Marsch aus „Carmen“, klatschte vergnügt das Publikum mit. Ein schöner Konzertabend mit einem gut auf die Zuhörerschaft zugeschnittenen Programm.